Klimanotstand – ein neuer Hype oder ein Schritt, um die Klimaziele erreichen zu können? Das erste Mal, als ich das Wort »Klimanotstand« hörte, war ich schon etwas skeptisch. Ist das ein neuer Hype? Gehört das zur »Fridays for future«- Bewegung? Machen das Städte nur, um auf sich aufmerksam zu machen und auf einen aktuellen Trend aufzuspringen?

Ich bin Ende Juli in das BMBF-Projekt »SMARTilience« eingestiegen, das im März gestartet ist und sich mit der Steuerung von Klimafolgenanpassung in deutschen Kommunen beschäftigt. Wir als IAT der Universität Stuttgart untersuchen dort gemeinsam mit der HafenCity Universität, der Drees&Sommer Advanced Building GmbH und Malik Management Zentrum St. Gallen wie Steuerungspraktiken im Bereich Klimaschutz und Klimafolgenanpassung aussehen können. Und wir entwickeln eine Urban Governance Toolbox, die in den Reallaboren Mannheim und Halle (Saale) getestet und angepasst wird. Die Stadt Mannheim, unser Projektpartner, teilte uns kürzlich mit, dass sie sich auch mit dem Klimanotstand beschäftigen. Im dortigem Gemeinderat wurde im Mai der Antrag der Bündnis 90/der Grünen eingebracht, den Klimanotfall zu erklären und die Eindämmung der Klimakrise und ihrer schwerwiegenden Folgen als Aufgabe höchster Priorität anzusehen.

Was bedeutet überhaupt Klimanotstand?

Der Begriff »Klimanotstand« oder auch »Klimanotfall« bedeutet, dass akute Gefahr für das Klima und das Leben der Bewohnerinnen und Bewohner einer Stadt durch den Klimawandel und seine Folgen besteht – also Alarmstufe Rot für das Stadtklima. Der Begriff steht für die höchste Priorität bei den politischen Gremien: Die Erkenntnisse des »Intergovernmental Panel on Climate Change« (IPCC) werden jetzt als Grundlage der politischen Entscheidungen betrachtet. Als erste deutsche Stadt hatte Konstanz den Klimanotstand ausgerufen. Inzwischen sind es bereits über 50 Kommunen in Deutschland. Fast täglich kommen weitere dazu.

Symbolik kann konkretes Handeln nicht ersetzen

Auch Symbolpolitik kann zum ehrenhaften Ziel führen, weil sie zumindest moralisch zu verstärkten Anstrengungen im Bereich Klimaschutz und Klimafolgenanpassung verpflichtet. Eine wachsende Zahl an »Notstands-Kommunen« kann zudem einen Handlungsdruck auf die Regierung ausüben. Aber reine Symbolpolitik trägt nicht dazu bei, dass Klimaziele auch tatsächlich erreicht werden. Nötig sind »echte« Steuerungspraktiken und Handlungen. Mannheim hat sich jetzt dagegen entschieden, den Klimanotstand auszurufen, sondern stattdessen beschlossen, »Klimaneutralität zu beschleunigen« und einen Dringlichkeitsplan zu erarbeiten. Die bereits entwickelten und schon umgesetzten Maßnahmen zur Klimaanpassung und -neutralität erfahren nun eine größere Wahrnehmung in der Öffentlichkeit, alle Maßnahmen werden durch verschiedene Akteure/Fachbereiche gesammelt. Ziel ist es, Gelder oder andere Ressourcen zu schaffen, um weitere Maßnahmen umsetzen zu können.

Roadmap für die Klimaentspannung

Der Klimanotstand stellt einen wichtigen Baustein auf dem Weg zur Klimaneutralität dar, um Kommunen wachzurütteln. Das gilt vor allem dort, wo die Bereiche Klimawandel und Klimafolgenanpassung noch in den Kinderschuhen stecken. Neben der Sensibilisierung innerhalb einer Verwaltung, können durch den Ausruf des Klimanotstands auch weitere zivilgesellschaftliche Akteure auf die Thematik aufmerksam gemacht werden. Steuerungspraktiken, die zur Erreichung der Klimaziele beitragen, werden somit besser innerhalb und außerhalb der Verwaltung wahrgenommen. Aber symbolische Aktivitäten alleine reichen nicht aus: Nur reale Steuerungspraktiken gegen den Klimawandel können wirklich zur Entspannung der wachsenden Klimakrise in den Städten beitragen. Kurzum: Wir müssen handeln und keinen Begriff für das Problem finden!

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Natalie Pfau-Weller

Natalie Pfau-Weller hat das Institut verlassen.

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Kategorien: Stadtentwicklung
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