First-Science-KIT: IAO-Blogreihe zum Corona Krisenmanagement
First-Science-KIT: Blogreihe zum Corona Krisenmanagement
Die Coronakrise fordert von uns allen ganz neue Herangehensweisen und Lösungen im beruflichen Miteinander. Das Fraunhofer IAO hat deshalb eine Blogreihe gestartet, mit der wir schnell anwendbare Praxistipps weitergeben, gut funktionierende Beispiele vorstellen und Lösungswege während und aus der Krise aufzeigen wollen.

Corona wirbelt die Gesellschaft und die Wirtschaft gehörig durcheinander. Lockdown und Quarantäne haben vielen Unternehmen die Kontrolle über die Gestaltung und Feinsteuerung der Arbeit entrissen. Notgedrungen ist auf einmal gelebte Realität, was bisher nur als die Zukunft der Arbeit im Raum stand. Die Unternehmen arbeiten agil! Sie mussten kurzfristig Abstandsregelungen und Mehrschichtsysteme improvisieren. Zwangsläufig haben viele Unternehmen auf Home-Office umgestellt und nutzen die technischen Möglichkeiten, von unterschiedlichen Orten gemeinsam zu arbeiten. Die Führungskraft ist fern, eine enge Anleitung und Kontrolle der Beschäftigten ist weder sinnvoll, noch durchführbar. Mit viel Eigeninitiative und Kreativität bewältigen die Betroffenen Arbeit, Kinderbetreuung, räumliche Enge und technische Herausforderungen. Weil eine lückenlose Erfassung fehlt, ist Vertrauensarbeitszeit gelebten Praxis in der Zusammenarbeit geworden.

Längerfristig ist der derzeitige Zustand für alle Beteiligten unzumutbar und unerträglich, weil das Privatleben vieler Berufstätiger mit Quarantäne, Homeoffice und fehlender Kinderbetreuung einer dreifachen Belastung ausgesetzt ist. Beschäftigte und Führungskräfte wurden ins kalte Wasser gestoßen und müssen unter widrigen Umständen selbständig schwimmen. Trotzdem sind die Prozesse nicht zusammengebrochen, sie laufen selbst unter diesen außergewöhnlichen Beeinträchtigungen recht stabil. Über die kompetente Eigeninitiative seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist wohl so mancher Manager erstaunt. Doch gerade sie zeigt Perspektiven für die agile Unternehmensgestaltung der Zukunft auf.

Wenn man bedenkt, dass die Menschen den Umbruch ihrer Arbeit ad hoc und mit nur minimaler Unterstützung verwirklicht haben, so werden die Potenziale von situationsspezifischer Selbstorganisation und dezentraler Eigenverantwortung deutlich. Diese zukunftsorientierte Arbeitsweise kann sogar mit unvorhergesehenen Ereignissen, radikalen Brüchen und widrigen Umständen umgehen. Die Menschen finden Lösungen, wenn dies notwendig ist und sie dürfen.

Das Grundkonzept agiler Arbeit

Das Erfolgsrezept agiler Arbeit ist der Verzicht auf zentrale Beherrschung und das Vertrauen in die spontane, dezentrale Selbstorganisation kompetenter und verantwortungsvoller Beschäftigter. Machen Sie sich bewusst: Agile Arbeit funktioniert nicht obwohl, sondern weil die Unternehmen nicht im Detail planen, steuern und kontrollieren. Agilität bedeutet, die Gestaltung und Steuerung der Arbeit verantwortlich in die Hände der Beschäftigten zu legen.

Der Nutzen der Agilität wird in Abgrenzung von der Flexibilität deutlich:

  • im Umgang mit unvorhersehbaren Ereignissen statt mit vorhersehbaren Veränderungen,
  • in der Fähigkeit zu permanenter Anpassung mit dem Ziel, einen neuen Zustand zu erreichen,
  • im offensiven Umgang gegenüber dem Wandel, statt einem reaktiven Verhalten
  • und in der noch schnellen Umsetzung von Maßnahmen.

Agilität ist ein geeignetes Konzept für Unternehmen, die mehr Innovation, Anpassungsfähigkeit und Schnelligkeit benötigen, und die im Kampf um Fachkräfte attraktiver werden wollen. Für diese Unternehmen gibt es keinen Grund, zu einer umfassenden, zentralen Beherrschung zurückzukehren. Für andere Unternehmen genügt es eventuell, die Vorschriften nur ein bisschen zu lockern, dann wird das Unternehmen aber auch nur ein bisschen agiler, wie mancher Konzern-Startup zeigt.

Der richtige Zeitpunkt ist jetzt

Beim unvorhergesehenen Ausbruch der Corona-Krise konnten die Unternehmen eine umfassende Kontrolle nicht mehr aufrechterhalten. Jetzt merken die Unternehmen, wie agil sie arbeiten können, wenn sie müssen. Für die Zukunft sollten die Unternehmen agiles Arbeiten bewusst und systematisch weiterentwickeln. Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, damit zu beginnen.

Die aktuelle Krise wird Baden-Württemberg noch über Monate prägen. Die Ungewissheit für die Unternehmen bleibt hoch, bei der Arbeit werden immer wieder unvorhergesehene Ereignisse auftreten, die schnelle ad hoc Maßnahmen erfordern. Der Wiederanlauf wird so anspruchsvoll wie das Herunterfahren, die Volatilität und die Unsicherheiten werden zunächst weiterbestehen. Ob man es will oder nicht, das Unternehmen wird zum Living Lab, das permanent Überraschungen mit kreativen Lösungen bewältigen muss. Das Auftreten von neuartigen und ungeplanten Situationen kann jedes Unternehmen für gezielte Experimente in eine agile Zukunft nutzen.

Die Krise hat die Menschen aufgerüttelt. Sie erkennen, dass dringend gehandelt werden muss, und wer ein Problem hat, sucht eine Lösung. Die ständigen Experimente mit Neuem und Ungewohntem helfen, die Veränderungsbereitschaft und das Zutrauen in die eigenen Fähigkeiten zu stärken

Vorbereitung auf eine neue Normalität

Nach dem Wiederanlauf wird vieles nicht mehr so sein wie vor der Pandemie. Leistungen werden an veränderte Marktbedarfe angepasst, Prozesse werden neu justiert und Lieferketten werden anders aufgebaut. Zeitweises Homeoffice hat sich bewährt, stellt aber neue Anforderungen an Führung, IT-Ausstattung und Sicherheit. Mit Schlagworten, wie digitale Revolution oder Industrie 4.0, sagen Experten nicht erst seit Corona tiefgreifende Umbrüche in Wirtschaft und Gesellschaft voraus.

Die Zukunft bleibt ungewiss. Abzuwarten bis Klarheit besteht, stellt aber ein unkalkulierbares Risiko dar. Denn weder Menschen noch Unternehmen sind zu abrupten und radikalen Veränderungen problemlos in der Lage. Jedes Unternehmen sollte heute damit beginnen, Agilität zu entwickeln, also die Anpassungsfähigkeit und Innovationsgeschwindigkeit zu erhöhen und den Umgang mit Ungewissheit zu lernen. Konkrete Strategien und Konzepte für die Unternehmensentwicklung werden sich im Verlauf des Veränderungsprozesses herauskristallisieren. Den ersten und schwierigsten Schritt hat Ihr Unternehmen bereits gemacht.

Wenn Sie auf den Mond zielen, und Sie treffen ihn nicht, landen Sie noch immer bei den Sternen! – Henry Ford

So geht es weiter

Zahlreiche Fragen drängen sich auf, sie werden in weiteren Blogbeiträgen vertieft:

  • Welches Konzept für Agilität passt zu meinem Unternehmen?
  • Mit welcher Vorgehensweise kann man die Transformation zum agilen Unternehmen gestalten?
  • Wie gelingt es, die Menschen mitzunehmen?

In der Blogreihe »Arbeitswelt 4.0« zeige ich auf, was sich verändert, welche Handlungsmöglichkeiten für Unternehmen resultieren und worauf sie im Veränderungsprozess achten sollten. In den bisherigen Beiträgen wurden Ergebnisse aus dem Projekt »Dialog Arbeitswelt 4.0 in Baden-Württemberg« vorgestellt. Die Blogreihe »Arbeitswelt 4.0« wird in losen Abständen mit weiteren interessanten Themen rund um die Arbeit der Zukunft fortgesetzt.

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Axel Korge

Axel Korge hat das Institut verlassen.

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Kategorien: Advanced Systems Engineering (ASE), New Work / Connected Work
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