Wer zu Künstlicher Intelligenz (KI) recherchiert, findet alles, was das Herz begehrt, vom dystopischen Bedrohungsszenario bis zur utopischen Perfekte-Welt-Fantasie, vom enthusiastischen Tech-Fanboy bis zur eingefleischten Kritikerin des Intelligenzbegriffs an sich. Dazwischen findet man Berichte von KI-Erfolgen bei der Krebsfrüherkennung, Missbrauch von Bilderkennungssoftware für Deepfakes, Fortschritten beim autonomen Fahren und weiblichen Bewerberinnen, die von der KI aussortiert wurden – aber nicht wegen mangelnder Qualifikation. Während in China KI-Wissenschaftler*innen wie Popstars verehrt werden (so schilderte es die KI-Chefin von SAP, Dr. Feiyu Xu, kürzlich im F.A.Z.-Podcast), feiert Deutschland die gelungene Umsetzung des Datenschutzes bei der Corona-Warn-App.

KI erlebt (mal wieder) einen Frühling

Künstliche Intelligenz ist ein ambivalentes Themenfeld und die Einschätzung, ob eine generelle KI in Zukunft erreicht werden kann, schwankt in Wellen. Aktuell befinden wir uns wohl in einer Hochphase – Melanie Mitchell spricht in ihrem kürzlich veröffentlichten Debattenbeitrag auch vom »KI-Frühling«. Und tatsächlich leuchten die vielzitierten Potenziale von KI ja ein: sie ermöglicht gänzlich neue Produkte, Services und Geschäftsmodelle und kann dabei unterstützen, vorhandene Prozesse zu optimieren, teilweise sogar vollständig zu automatisieren. Ein schöner Weg aus dem Fachkräftemangel, der vielen Branchen derzeit zu schaffen macht! Plus: auch das Image eines Unternehmens kann bei Kund*innen wie bei Nachwuchskräften von der mit KI verbundenen Innovationsfreude und Aufgeschlossenheit gegenüber Neuem profitieren. Welches Unternehmen will das also nicht?

Tatsächlicher Einsatz in KMU und öffentlichen Betrieben noch Mangelware

Während große Konzerne ihre eigenen FuE-Abteilungen und entsprechende Ressourcen haben, um sich intensiv mit KI zu befassen und die wirtschaftlichen Erfolgsaussichten auszuloten, fällt es kleinen und mittleren Unternehmen deutlich schwerer, sich einen (realistischen) Überblick über die Potenziale, Voraussetzungen und Risiken zu verschaffen, die mit einer bestimmten KI-Anwendung verbunden sind. Gerade in personalintensiven Branchen mit geringen Gewinnspannen und im öffentlichen Sektor, wie beispielsweise in der Wasserwirtschaft, in der Müllentsorgung oder im ÖPNV, ist der unternehmerische Spielraum oft nicht groß genug für KI-Experimente und Pilotprojekte. Doch gerade in diesen Bereichen könnten Anwendungen der Künstlichen Intelligenz dabei unterstützen, den Fachkräftemangel aufzufangen, der sich vielerorts mit dem Renteneintrittsalter der Baby-Boomer noch weiter verschärfen dürfte, und kann helfen, neue Betätigungsfelder zu erschließen und diese möglichst effizient zu bedienen. Doch das Alltagsgeschäft lässt es oft nicht zu, sich ausgiebig mit den aufkommenden Fragen zu befassen:

  • An welchen Stellen im Unternehmen ist der KI-Einsatz (auch unter strategischen Gesichtspunkten) besonders erstrebenswert?
  • Welche KI-basierten Lösungen sind derzeit auf dem Markt verfügbar? Wie, wie gut und unter welchen Voraussetzungen funktionieren diese im spezifischen Anwendungsfall?
  • Welcher Use Case eignet sich besonders gut als erstes Pilotprojekt? Und steckt hinter dem KI-Projekt auch ein nachhaltiger Business Case?
  • Welche IT-Infrastruktur ist für welche KI-Anwendung im Pilotprojekt und im Dauerbetrieb geeignet?
  • Inwiefern genügen die Dienste der amerikanischen Hyperscaler (wie AWS, Google Cloud Platform, Microsoft Azure) auch europäischen Sicherheitsstandards und Transparenzansprüchen?
  • Welche rechtlichen Fragen sind wann und wie zu klären?
  • Wie wird die Belegschaft auf die neue Technologie reagieren?
  • Und ist die Technologie auch unter ethischen Gesichtspunkten eine »gute« Lösung, bei der die Gefahr des Missbrauchs auf ein absolutes Minimum beschränkt werden kann?

Bei all den zu beantwortenden Fragen wundert es nicht, dass der KI-Einsatz in diesen Unternehmen noch Mangelware ist.

Den Einstieg wagen – aber wie?

Was also tun? Um gerade kleinere und mittelgroße Betriebe aus Branchen wie der Versorgungswirtschaft darin zu unterstützen, den Einstieg in das Themenfeld der Künstlichen Intelligenz zu schaffen, hat das Team des Forschungs- und Innovationszentrum KODIS eine KI-Toolbox entwickelt. Diese soll einen Überblick vermitteln, welche Fragen sich Geschäftsführung, Führungskräfte und Fachverantwortliche stellen sollten, bevor und während sie mit KI experimentieren. Zudem liefert die KI-Toolbox in neun Modulen Antworten auf die oben skizzierten Fragen, gibt Praxishilfen, beschreibt gelungene Beispielprojekte und zeigt Vorgehensweisen auf, um beispielsweise einen geeigneten Use Case zu identifizieren oder sich systematisch mit den rechtlichen Fragen auseinanderzusetzen. Zudem werden weiterführende Literaturempfehlungen zur Verfügung gestellt, um die vertiefende Auseinandersetzung im Unternehmen anzuregen. Die KI-Toolbox richtet sich an interessierte Einsteiger*innen im Themenfeld Künstliche Intelligenz und nimmt mit den gezeigten Beispielen Bezug zu den aktuellen Herausforderungen in der Versorgungswirtschaft – egal ob privatwirtschaftlich oder öffentlich organisiert. Dennoch hält die Toolbox auch für Interessierte aus KMU anderer Branchen wertvolle Praxishilfen bereit.

KI-Toolbox für Versorgungsunternehmen im Überblick
KI-Toolbox für Versorgungsunternehmen im Überblick © Golden Sikorka – Adobe Stock / Fraunhofer IAO

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Veronika Prochazka

Veronika Prochazka hat das Institut 2023 verlassen.

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Kategorien: Digitalisierung, Künstliche Intelligenz
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